AGES erforscht klimafitte Böden
(Quelle: Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, kurz AGES, 1220 Wien, Spargelfeldstrasse 191)
Stand
11.10.19

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Boden ist Lebensgrundlage für Menschen, Tiere und Pflanzen. Boden ist Wasser- & Nährstoffspeicher. Boden ist Filter für Schadstoffe und eine Bibliothek der Menschheitsgeschichte. Und Boden ist eine natürliche Klimaanlage. Diese Bodenfunktionen sind mit dem sich verändernden Weltklima verknüpft. So ist Boden selbst eine Quelle von Treibhausgasen, andererseits kann er durch Speicherung von Kohlenstoff und Verbesserung der Stabilität der Ökosysteme zu einer Abschwächung des Klimawandels beitragen. Allerdings ist der Boden in erster Linie selbst von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen.

Bodenbedarf für die Ernährungssicherung in Österreich

Ein aktuelles Forschungsprojekt der Universität für Bodenkultur, des Umweltbundesamtes, des Bundesamtes für Wasserwirtschaft, des Bundesforschungszentrums für Wald sowie des LFZ Raumberg-Gumpenstein unter Leitung der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit, AGES, untersuchte daher den Boden-Bedarf für die Ernährungssicherung in Österreich sowie den Produktivitätsverlust von Böden durch den Klimawandel. Im Auftrag des Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus (BMNT) wurde im Projekt "Bodenbedarf für die Ernährungssicherung in Österreich (BEAT)" untersucht, ob durch heimische Produktion eine ausreichende Versorgung mit landwirtschaftlichen Produkten auch in Zukunft gewährleistet ist.

Erstmals wurde der Bodenbedarf für die Ernährungssicherung in Österreich quantifiziert und die erforderliche Bodenqualität erfasst. Dabei wurden zukünftige Klimaszenarien mitberücksichtigt. Im Rahmen des Boden-Forschungsprojektes wurde die Lage der besonders wertvollen landwirtschaftlichen Produktionsflächen ermittelt, wobei insbesondere die künftigen Auswirkungen des Klimawandels auf die Produktivität und den Selbstversorgungsgrad bewertet wurde.

Ertragseinbußen in den kommenden 40 Jahren im Osten

Es zeigte sich, dass nur aufgrund der Klimaänderung die "Bonität" der Böden insbesondere im Osten und Südosten Österreichs zum Teil dramatisch zurückgeht: Es ist davon auszugehen, dass bei den meisten derzeit bedeutenden Feldfrüchten nach 2030 keine Autarkie mehr gewährleistet werden kann, selbst wenn alle derzeit verfügbaren Bodenressourcen in der Produktion verbleiben.

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Abbildung 1: Österreichkarte - Relative Änderungen der Bodenbonität in Punkten der Acker- und Grünlandzahl im Vergleich der Perioden 1981-2010 und 2036-2065 nach Klimamodell CMIP5

Weniger Niederschläge, längere Trockenperioden und unkalkulierbare Wetterereignisse führen zu weniger Ernte und mehr Hochwasser: Für Österreich geht die Studie von einem Rückgang der Erträge um bis zu 19 Prozent in den kommenden 40 Jahren aus. Im aktuell trockenen, pannonischen Klimaraum wird es die stärksten Ertragseinbußen geben. Im Marchfeld könnte sich die Ernte durch zunehmende Hitzetage und Trockenheit sogar um bis zu 50 Prozent verringern, bis 2060 droht eine Unterversorgung z. B. bei Getreide, Mais oder Kartoffeln. Der Schwerpunkt der Produktion wird sich möglicherweise ins oberösterreichische Alpenvorland verlagern.

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Abbildung 2: Änderung der Ertragsfähigkeit in den landwirtschaftlichen Hauptproduktionsgebieten im Vergleich Referenzperiode (1981-2010) und zukünftige Periode (2036-2065), Klimamodell CMIP5

Bodenschutz sichert 75 Prozent der Produktionskapazität

Um die Versorgung Österreichs mit wertvollen Nahrungsmitteln zu sichern, müssen die besten Böden für die landwirtschaftliche Produktion bewahrt werden, betonen die Studienautoren: Damit könnten 75 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Produktionskapazität in Österreich trotz Klimawandel künftig gesichert werden. Die Perspektiven für das Grünland seien hingegen positiv, da in diesen Regionen auch künftig ausreichend Niederschlag erwartet wird. Bei gleichzeitigem Temperaturanstieg werden dadurch die Wachstumsbedingungen für die Pflanzen durchwegs verbessert.

Wissenschaftliche Schlussfolgerungen

Die Forschungsergebnisse untermauern die langjährige Forderung nach einer Trendumkehr des nahezu ungebremst anhaltenden Bodenverbrauchs und der Definition von Zielen mit konkreten Zahlen: Jeden Tag gehen rund 12 Hektar Grünflächen durch Bauprojekte verloren. Die Studienautoren schlagen daher vor, ertragreiche Flächen gegen Versiegelung zu schützen, damit sie in der landwirtschaftlichen Produktion bleiben. Neben der Eindämmung des Verlustes besonders wertvoller landwirtschaftlicher Böden müssten weitere Maßnahmen gesetzt werden, um die Importabhängigkeit in Bezug auf Nahrungsmittel zu begrenzen.

Das auf Basis der Bodenqualität entwickelte Konzept der wertvollen landwirtschaftlichen Produktionsflächen könnte dabei ein wichtiges Instrument für die Raumplanung sein, um auch der Ernährungssicherung mehr Gewicht einzuräumen. Daneben müsste die Zusammenarbeit zwischen Boden- und Wasserwirtschaft intensiviert werden. Außerdem müsse das Bewusstsein bei Landwirten gestärkt werden, damit sie direkt Maßnahmen setzen können, um Erträge auch bei veränderten Klimabedingungen zu steigern oder zumindest konstant zu halten.